2008 “Notleidende Banken”
Pressemitteilung der Jury: Wahl des 19. „Unworts des Jahres“
“Das Verhältnis von Ursachen und Folgen der Weltwirtschaftskrise wird rundweg auf den Kopf gestellt. Während die Volkswirtschaften in ärgste Bedrängnis geraten und die Steuerzahler Milliardenkredite mittragen müssen, werden die Banken mit ihrer Finanzpolitik, durch die die Krise verursacht wurde, zu Opfern stilisiert.
Das gelegentlich vorgetragene Gegenargument zur Unwort-Wahl, «notleidend» sei ein Fachbegriff wie in «notleidende Kredite», geht ins Leere. Denn die Kombination von «notleidend» und «Banken» verliert den Anspruch auf Fachspezifik. Vielmehr spekuliert die Formulierung auf die Mitleid heischende alltagssprachliche Bedeutung von «notleidend»”
Stefan Daub, notleidende banken
links: „Notleidende Banken“
Manche Leute, denen das Wasser bis zum Hals steht, ersäufen sich in Champagner. Gerald Drews, (*1954), deutscher Journalist, Autor
rechts: „Traumrenditen“
Wenn Hütchenspieler hohen Gewinn bei minimalem Risiko versprechen, machen wir einen Bogen um sie. Warum nicht auch um andere?
www.stefandaub.de
Jan Nouki Ehlers, notleidende banken
links: „Wut auf soziale Ungerechtigkeit”
Wütend und enttäuscht, dass sie der Staat alleine lässt, wollen diese zwei Hilfsbedürftigen auch am besseren Leben teilhaben. Eine zufällige Begegnung auf der Straße eskaliert: Die zwei Bankangestellten, die eben beim Lebensmitteldiscounter einkaufen waren, treffen auf den
Punker, der gerade aus einem Bio-Supermarkt kommt. Die Wut über die soziale Ungerechtigkeit lässt die Bankangestellten so erzürnen, dass sie die Sache selbst in die Hand nehmen, um sich ihren Teil des Kuchens zurückzuholen.
rechts: „Parken im Hof”
Aufgrund der großen Nachfrage bietet die Caritas jetzt zu den Stoßzeiten der Essensausgabe Parkplätze im Hof an. Um sich wenigstens eine warme Mahlzeit am Tag zu gönnen, müssen immer mehr Banker an öffentlichen Speisungen teilnehmen.
www.janehlers.net
Albrecht Haag, notleidende banken
links: „Glatteis”
rechts: „Dschungel”
Es geht um die “Rückeroberung” der zukünftig volkseigenen Banken für den öffentlichen Raum. Schon immer hatte man den Verdacht, dass die Granitpaläste nicht angemessen waren und eine provozierende Machtdemonstration darstellten. Nun haben wir schon Anteile an den Banken erworben – also stellt sich früher oder später auch die Frage, wie wir diese überdimensionalen Foyers und die weiteren Räumlichkeiten sinnvoll für das Gemeinwohl nutzen können. Heute noch sind diese Banken notleidend – aber morgen schon könnten es Orte in bester Lage sein, die die Anteilseigner oder andere bedrohte Arten zusammenbringen.
www.albrecht-haag.de
Alexandra Lechner, notleidende banken
links: „Die Reste vom Feste”
Die paar Habseligkeiten sind schnell vom Schreibtisch geräumt: In New York stehen die Angestellten derzeit mit Pappkartons auf der Straße. Sie tragen die Reste ihrer Broker-Existenz mit sich. In den Kisten sind Familienfotos und seltsame Trophäen, die tatsächlich „Grabsteine“ heißen.“
Holger Kreitling, 16. September 2008, welt.de
rechts: „Jump! You F... ! - Das Ende der Broker?”
Am 25. September 2008 wird vor der New Yorker Börse gegen den 700 Milliarden Dollar Rettungsplan demonstriert. In Anbetracht der Finanzkrise prangern Aktivisten verschiedener Gruppierungen das System des Kapitalismus, die Wall Street und die Regierung Bush an. Ein Foto dieser Demonstration, gemacht vom New Yorker Fotografen Nicholas Roberts, zeigt ein Pappschild mit der Aufschrift „Jump! You Fuckers“.
www.alexandralechner.com
Jens Steingässer, notleidende banken
links: „Ursache”
Angetrieben von der Gier nach Profit, hat sich das Finanzsystem zu einem absurden Abenteuerspielplatz für risikofreudige Menschen entwickelt. Was genau sich in welchem Finanzprodukt befand, wussten nur wenige - von der Instabilität und Unsicherheit wollte niemand wissen...
„Wirkung “
Die Wirkung dieser massenhaften und unverantwortlichen Fehleinschätzungen zeigt sich nun, indem das marode Finanzsystem auf Kosten der nachkommenden Generationen gestützt werden muss...